Über das Leben als Eichhörnchen-Ersatzmama

Ja, sie sind niedlich und hübsch. Ach und vorwitzig sind sie auch manchmal. Liebhaben muss man sie, denn wen der Blick dieser kleinen schwarzen Kulleraugen einmal getroffen hat, der ist für immer infiziert mit diesem unheilbaren Eichhörnchenvirus. Flink hüpfen sie durch unsere Gärten, überfallen die prall gefüllten Vogelfutterhäuschen und zaubern uns mit ihren akrobatischen Luftsprüngen so manches Lächeln ins Gesicht.

„Vom „Kuscheltier“ zum Superhörnchen“

Doch manchmal trifft uns der Anblick der kleinen Kobolde auch mitten ins Herz. Verletzt und hilfesuchend liegen sie am Wegesrand oder laufen uns nach. Aus dem Nest gefallen, dem Raubvogel aus den Klauen entwischt oder von einem Auto angefahren. Dieses Schicksal blüht leider 80% der Eichhörnchen schon im ersten Lebensjahr. Doch manche haben Glück, denn sie werden gefunden und von Menschen gesund gepflegt.

Vor über 15 Jahren habe ich die flinken Waldbewohner gezüchtet und viele Erfahrungen mit gesunden Tieren sammeln können. Irgendwann habe ich es bevorzugt mich lieber um kranke und verletzte Eichhörnchen zu kümmern, um ihnen mit ein wenig Glück eine zweite Chance in Freiheit geben zu können. Ich könnte mir nichts vorstellen, was mich mehr mit Freude erfüllen würde.

Es bereitet mir einen Heidenspaß, wenn diese niedlichen Eichhörnchen vom hilflosen Kuscheltier zum aufmüpfigen Superhörnchen mutieren. Ich mag es, wie sie mir vertrauen und mich auch nach der Auswilderung immer wieder besuchen kommen.

Zeit, sehr viel Zeit,…

Ich will jedoch nicht verschweigen, dass ich dieser Aufgabe nur nachgehen kann, weil ich selbstständig bin. Gerade in der Anfangsphase, wenn die Jungtiere Tag und Nacht alle 2 Stunden gefüttert werden müssen, ist es extrem hilfreich, wenn nicht punkt 6.30 Uhr morgens der Wecker trötet und die Arbeit ruft. Ich erlebe es immer wieder, dass sich Tierliebhaber bei mir melden, die sich einem Fundtier annehmen möchten. Obwohl ich stets eindringlich darauf hinweise, dass die Aufzucht eines Eichhörnchens eine echte Belastungsprobe ist – die wenigsten glauben mir. Frohen Mutes möchten es viele versuchen, doch spätestens nach 2 Tagen geben die meisten ernüchtert auf.

Es sind nicht nur die Nächte, die an den Nerven zehren. Auch tagsüber möchten kleine Eichhörnchenbabys eine Rundumbetreuung mit Buffet im 2-Stunden-Takt. Im Klartext heißt dies: Eichhörnchen mit ins Büro nehmen, sie irgendwo im Ausschnitt parken, um sie bei der Arbeit warmzuhalten und alle zwei Stunden Fläschchen geben, Bauchmassage und Urinstimulation. Blöd, wenn der Pinkelstrahl den Bürostuhl der Arbeitskollegin trifft. Das anfängliche „Aaaaaaaaww“ von Chef und Kollegen schlägt dann ganz schnell in absolute Intoleranz um. Macht dir nix vor – wenn du nicht gerade beim Tierarzt arbeitet, ist die Idee ein Wildtier auf der Arbeitsstelle aufzuziehen leider eher suboptimal….

„Sonnenblumenkerne statt Prosecco“

Doch auch wenn du die Freiheit hast, dir die Zeit einteilen kannst und in der Hierarchie keiner über dir steht: Du musst Opfer bringen können ! Mir ist ein aktueller Fall aus 2019 noch sehr gut im Gedächtnis. Ich sollte im Sommer einen Workshop zum Thema Hundeshooting abhalten. Alles war seit einem halben Jahr geplant, die Anmeldeliste voll und die Gebühren von den Teilnehmern bereits bezahlt. Tja …. und dann kam Eddie. Eddie der kleine Eichkater mit abgebissenem Schwanz indem sich Maden tummelten. Eddie hatte Schmerzen, Entzündungen und eine Nekrose am Arm. Ihn mitnehmen zu einem Workshop, bei dem ich die Teilnehmer 4 Stunden Jagdhunde fotografieren lasse? Nein …. Never ever. Der Workshop musste weg! Eddie hatte mir schließlich schon tief in die Augen geschaut und ich war ihm wehrlos ergeben. Mir ging übrigens nicht nur das Honorar für den Workshop durch die Lappen, nein …. Eddie verschlang auch Unmengen an Tierarztkosten für Medikamente, Spülungen und andere Behandlungen.

Auch dieses Opfer muss man bringen können. Nicht jeder Tierarzt behandelt Wildtiere kostenlos. Viele lehnen eine Behandlung sogar gänzlich ab – aus welchen Beweggründen auch immer. Wenn bei dir am Ende des Geldes also chronisch zu viel Monat übrig ist, überlege im Vorfeld, ob du eine Aufzucht mit Komplikationen finanziell stemmen kannst. Nichts ist schlimmer für ein Tier, als unterlassene aber eigentlich dringend benötigte ärztliche Versorgung.

Du siehst also, eine Handaufzucht oder das Gesundpflegen eines Eichhörnchens erfordert nicht nur Zeit, sondern auch den ein oder anderen Euro. Und auch wenn alles gut gehen sollte: Du musst für Aufzuchtsmilch, Nüsse und eventuell eine Auswilderungsvoliere selbst aufkommen.  Eichhörnchenersatzmama ist wirklich nur etwas für Hardcore-Squirrellover, die ihre Kröten lieber in Sonnenblumenkerne als in Prosecco stecken

Ein Ort zum austauschen – das Eichhörnchenforum

Mit diesem Beitrag möchte ich dir keineswegs die Laune verderben oder dich davon abhalten dich diesen Tieren anzunehmen – du sollst nur im Vorfeld gut darüber nachdenken. Selbst mich hat es im November 2019, nach über 15 Jahren Erfahrung mit diesen Tieren eiskalt erwischt und ich suchte Rat bei Gleichgesinnten. Ich bekam ein Eichhörnchen mit Schädel-Hirn-Trauma, welches mich für den Moment komplett überforderte. Wie gut wäre eine Community gewesen, in der immer jemand erreichbar ist. Ein Ort, an dem man sich austauschen kann und Hilfe findet. Ein Forum musste her – so wie früher. Vor vielen Jahren hatte ich erfolgreich ein Eichhörnchenforum betrieben, welchem ich aber wegen sich geänderter Lebensumstände zeitlich nicht mehr gerecht werden konnte.

Es ist mir an dieser Stelle ein echtes Anliegen auf das Forum hinzuweisen. Die Anmeldung ist kostenlos und anonym. Es ist noch jung und die Community dementsprechend klein. Ich freue mich über jeden, der sich anmeldet und mithilft. Eine Community ist immer nur so gut wie ihre Mitglieder.

Ich möchte dich herzlich einladen vorbeizuschauen. Tritt ein und fühle dich wohl bei https://www.eichhoernchenforum-wurmelworld.de/

 

Autorin & Eichhörnchen Ersatzmama: Bettina Dittmann (www.wurmelworld.de)

Das Buch von Bettina Dittmann "Eichhörnchen"  finden Sie hier in unserem Shop.

 

 

Fotos: Bettina Dittmann

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Bitte beachten Sie, dass Kommentare vor der Veröffentlichung freigegeben werden müssen